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Supply Chain Management

Wie sichern Sie den Anlauf Ihrer Lieferketten nach Corona ab?

Christian Singh

Die Coronakrise hat der Welt auf dem bisherigen Höhepunkt der Globalisierung und in Zeiten komplexer und hervorragend eingespielter Lieferketten einen herben Dämpfer verpasst. Neben den offensichtlichen und existenziellen Fragen vieler Unternehmen wird es nun aber zweifelsohne Zeit, sich mit den anstehenden Herausforderungen der Lieferketten in den meisten Industriesektoren zu befassen. 

Es ist Mitte 2020. Ganze Branchen und ihre Lieferketten befinden sich in der Krise. Deutschland und die Welt sehen sich mit massiven Auftrags- und Nachfrageeinbußen, neuen und herausfordernden Regularien und verschiedensten Beschränkungen konfrontiert und viele Unternehmen kämpfen zum Teil um ihre Existenz. Viele unserer Kunden befinden sich aktuell im absoluten Ausnahmezustand. Budgets sind eingefroren oder wurden gänzlich gestrichen, Aufträge wurden storniert, Verträge wurden gekündigt, Wissensträger werden in Kurzarbeit geschickt oder ganz entlassen und all dies wird runter kaskadiert vom OEM, über die 1st Tier, 2nd Tier Supplier bis hin zur Basis der Lieferkette. 

Mehrere Schweißroboter bei der Arbeit

Es besteht kein Zweifel daran, dass viele der genannten Punkte in Anbetracht dieser globalen Krise wenig überraschend und absolut nachvollziehbar sind. Bedauerlicherweise werden es genau diese Maßnahmen sein, die vielen Firmen die Rückkehr aus der Krise in die Normalität zusätzlich erschweren werden.  

Es ist davon auszugehen, dass die Auswirkungen der Krise zwar absolut gesehen stärkeren Einfluss auf die OEMs – sei es nun im Automotive oder Aerospace – haben werden, diese jedoch aufgrund ihrer Größe keinen nachhaltigen Schaden in Puncto Stabilität als Organisation oder gar als Technologievorreiter nehmen werden. Anders sieht es jedoch bei Zulieferern unabhängig von ihrer Größe aus, deren Verträge oft flexible Abnahmeverpflichtungen, kurzfristige Planungshorizonte, Kammlinien von z.B. ±15-20% sowie weitere Unschärfen und Risiken beinhalten, die nun gebündelt eintreten. Der obligatorische Kostendruck sei hier nur am Rande erwähnt. 

Nimmt man nun all diese Punkte zusammen, zeichnet sich ein düsteres Bild für die gesamte Wertschöpfungskette in einer Welt nach Corona ab: 

  • Wirtschaftlich geschwächte Unternehmen entlang ihrer Supply Chain treffen existenzsichernde Entscheidungen, die nicht zwingend immer im Interesse der OEMs sein werden 
  • Verlust von Knowhow-Trägern oder gut geschultem Personal ihrer Lieferanten und deren Lieferanten 
  • Plötzliche Lieferengpässe oder Komplettausfälle ganzer Lieferungen 
  • Kurzfristige und starke Schwankungen von Lieferungen und Warenbeständen 
  • Manuelle Priorisierung und Steuerung vorbei an stabilen, standardisierten und überwachten Prozessen 
  • Häufigere Fehler und Zunahme von Qualitätsproblemen aufgrund des „Bypassen“ von Standardprozessen und der dadurch zunehmenden Komplexität insgesamt 
  • Deutlich erhöhter Aufwand in den Werken bei Disposition, Logistik, Produktion oder Qualität sowie in Zentralbereichen wie Beschaffung oder Supply Chain Quality 

Noch deutlicher ausgedrückt: es ist wahrscheinlich, dass viele Lieferketten im Chaos versinken werden und sich die ohnehin herausfordernde Situation für viele Firmen noch weiter verschärfen wird. 

Was also tun, um dieses „Doomsday-Scenario“ abzuwenden und einen verhältnismäßig sanften und störungsfreien Anlauf der Lieferketten nach Corona sicherzustellen? 

1. Transparenz – wo stehen Sie aktuell mit Ihrer Supply Chain? 

Auf Basis von Fakten die richtigen Maßnahmen abzuleiten ohne dabei wertvolle Ressourcen oder Zeit zu verschwenden. 

  • Valide Datenbasis generieren und kontinuierlich aktualisieren 
  • Basierend darauf umgehend ein Krisen-Cockpit aufbauen und ausrollen 
  • Störungen der Lieferkette zentral und unkompliziert aufnehmen und eng überwachen 
  • Eine Priorisierung von Risiken und Störungen auf Basis einer für Ihre Organisation sinnvollen Bewertungslogik vornehmen und stetig anpassen 
  • Kritische Lieferanten identifizieren und eng überwachen 
  • Starke Abhängigkeiten Ihrer Lieferanten von kritischen Sublieferanten identifizieren und ebenfalls überwachen 
  • Single Window Kommunikationsschnittstellen zu Verantwortlichen kritischer Lieferanten aufbauen und intensiv nutzen 
Mann mit einer Checkliste auf einem Klemmbrett
Es ist wichtig eine valide Datenbasis zu haben um die richtigen Maßnahmen abzuleiten.

2. Krisenmanagement – wie kommen Sie schnellstmöglich aus der Krise?   

Gezieltes Krisenmanagement bei hoher Flexibilität und schnelle Handlungsfähigkeit um kritische Lieferungen sicherzustellen und Chaos zu vermeiden. 

  • Priorisierte Risiken oder Störungen schnell und gezielt abstellen durch Fast Response Teams 
  • Vor-Ort-Befähigung von Lieferanten oder Sub-Lieferanten durch Task Forces 
  • Versorgung sicherstellen durch rollierende und kurzfristige Ressourcenengpasssteuerung mittels Residents 
  • Verantwortlichkeiten im Rahmen der Krisenbewältigung intern wie extern eindeutig zuweisen 
  • Partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Ihren Lieferanten stärken 
  • Win-Win Situationen forcieren, in denen alle Seiten vom Krisenmanagement profitieren 
  • Frequenz der Kommunikation intern wie extern hochhalten, dabei jedoch so ressourcenschonend wie möglich vorgehen (z.B. über tägliche 10-15-minütige Abstimmungsmeetings mit schlankem Teilnehmerkreis) 

3. Stabilisierung – an welchen Stellen sollte Ihre Lieferkette dringend optimiert werden? 

Nachhaltiges Abstellen von Störungen und Engpässen bei gleichzeitigem Erschließen von Potenzialen. 

  • Entwicklung von Lieferanten auf Basis Ihrer Erkenntnisse aus den vorangegangenen Phasen 
  • Anpassen oder gar zeitweises Aussetzen von vertraglichen oder prozessualen Vorgaben 
  • Bedarfsgerechtes verschieben von Kapazitätsbedarfen 
  • Erhöhung der Planungssicherheit (z.B. durch Verlängerung des Planungshorizontes) 
Mann mit Tablet neben einem LKW
Ein bedarfsgerechtes verschieben von Kapazitätsbedarfen ist essenziell für die Optimierung Ihrer Lieferketten.

4. Risikomanagement – wie sichern Sie sich gegen zukünftige Katastrophen ab? 

Die Zeit nach Corona bzw. die Zeit vor der nächsten Krise sinnvoll nutzen, um Ihre Organisation weitestgehend krisensicher aufzustellen. 

  • Ein Risikomanagement mit funktionierendem Frühwarnsystem aufbauen 
  • Bestehende Supply Chain Management Prozesse sowie die Lieferantenbewertung auf den Prüfstand stellen und optimieren 
  • Krisenszenarien erarbeiten und Notfallpläne für sehr wahrscheinliche Szenarien entwickeln und verankern. 
  • Die gesamte Lieferkette Tier 1 bis n betrachten  
Mann zeigt mit dem Stift auf den Bildschirm seines Laptops
Um auf die nächste Krise vorbereitet zu sein, sollten Sie die Zeit nach Corona sinnvoll nutzen.

Wenn man die Coronakrise positiv betrachtet, so hat sie dazu geführt, dass unsere Gesellschaft vielen Dingen nun offener gegenübersteht als zuvor. Denken Sie an die massiv gestiegene Akzeptanz von Arbeit aus dem Homeoffice heraus, an erfolgreiche Remote Schulungen oder Audits, denken Sie an die schnelle Reaktion von Spirituosenherstellern, die kurzfristig Desinfektionsmittel hergestellt haben. Viele Unternehmen überall auf der Welt haben bewiesen, wie kreativ und anpassungsfähig Sie aus Krisen heraus sein können, wenn es darauf ankommt. 

Dass die nächste Krise, Pandemie oder Katastrophe kommen wird, ist nur eine Frage der Zeit. Wir sollten gemeinsam alles daransetzen, dass unsere Liefer- und Wertschöpfungsketten bestmöglich vorbereitet sind, um sie zu überstehen.  

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